Warum Kanthaka? Die Übersetzung einer Bildmetapher aus dem Leben des Buddha in eine westtibetische Bildsprache
Termin: 26.09.2024, 18:00 Uhr
Referent: Dr. Gerald Kozicz
Treffpunkt: Museum in Dahlem / Kleiner Vortragssaal in der Takustraße 40
Zu Beginn der Verbreitung des Buddhismus in Tibet standen die buddhistischen Gelehrten naturgemäß vor der Aufgabe, die Texte aus dem Sanskrit in eine vollkommen fremde Sprache zu übersetzen. Und so wurde im 8. Jahrhundert Samye, das erste Kloster Tibets, nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern vor allem eine Übersetzerwerkstatt, wo indische und tibetische Gelehrte gemeinsam an der sinngemäßen und – wo möglich – auch phonetisch entsprechenden Übertragung arbeiteten. Das gleiche wiederholte sich 200 Jahre später während der zweiten Verbreitung der Lehre des Buddha in Tholing, Westtibet. Die philologisch geprägte Tibetologie hat diesem Thema umfangreich Aufmerksamkeit gewidmet. Doch wie sieht es mit der Bildsprache aus? Idealerweise funktionieren Bilder ohne Worte und über sprachliche Grenzen hinweg. Dass dem nicht immer so ist, davon handelt dieser Vortrag. Es geht um eine Bildmetapher, die zwar übernommen wurde, aber offensichtlich nicht funktionierte und adaptiert werden musste. Oder besser gesagt: eine neue Metapher wurde geschaffen. Es ist eine Episode im narrativen Bildzyklus über das Leben des Buddha, erhalten geblieben im Kawaling Stupa von Nyoma in Oberladakh. Im Zentrum der Episode steht das Pferd des Buddha, Kanthaka. Aber eigentlich steht das Pferd bildlich nicht, sondern ertrinkt. Warum der scheinbar tragische Tod Kanthakas in das Narrativ aufgenommen wurde und was dies darüber hinaus über das Raumverständnis der Buddhisten in Westtibet aussagt, wird Thema des Abends sein.